Paternoster – Vater unser

Nach Kapstadt kommt Paternoster, jedenfalls auf unserer Tour Richtung West Coast. Dass unser Weg nicht direkt dorthin, sondern auf Umwegen über zwei Weingüter führte, bedarf vermutlich keiner besonderen Erwähnung. Trotzdem muss erwähnt werden, dass das Groote Post Wine Estate in jedem Fall einen Besuch wert ist – und Contreberg sollte man auch nicht links liegen lassen. Mehr dazu später im Weinblog.

Nun waren wir also auf dem Weg nach Paternoster, knapp zwei Stunden mit dem Auto nördlich von Bloubergstrand, nördlich des West Coast National Parks. Bis Langebaan hatten wir es schon mal per Tagesausflug geschafft. Nun wollten wir allerdings ein paar Übernachtungen hier oben nutzen, um die Gegend etwas näher kennenzulernen. Der Name „Paternoster“ soll der Überlieferung zufolge von Überlebenden des am 31. Mai 1829 in der Bucht gesunkenen Schoners „Columbine“ stammen. Sie hatten sich dank Ihrer Rettung beim lieben Herrgott mit einem Dankesgebet, dem Vater unser, bedankt. Die „Columbine“ war übrigens auf einer Reise von London nach New South Wales, als sie ihrem Schicksal entgegenfuhr.

Paternoster ist ein pittoresker Urlaubsort, an dem man die Ruhe vor dem Stadtleben suchen und finden kann. Ausnahmslos weiße Häuser mit dunkel gedeckten Dächern säumen einen kleinen Küstenstreifen in einer ruhigen Bucht. Aus dem ursprünglichen, alten Fischerdorf ist ein kleiner, aber feiner Ort zum Ausspannen geworden, in dem man noch alte Traditionen und ursprüngliche Plätze finden kann. Der Ort hat sich allerdings dem modernen Anforderungen an touristischer Infrastruktur gestellt und bietet dem geneigten Urlauber jeglichen Komfort. Von einfachen, grundsoliden Restaurants bis hin zur Spitzengastronomie kann man hier alles finden. Gleiches bei den Unterkünften, von denen es eine Menge gibt. Wir waren sehr begeistert von unserer Unterkunft, dem ah!-Guesthouse am nördlichen Ende des Ortes, direkt vor dem ausgezeichneten Restaurant „leeto“. Beides wirklich empfehlenswert.

Unser Gastgeber Arnold im ah! Guesthouse war in seinem früheren Leben ein prämierter Spitzenkoch und verwöhnt seine Gäste nun in seinem eigenen Zuhause. Morgens serviert er schon ein kleines 3-Gänge-Menü: Obstsalat mit Joghurt, Honig und selbstgemachtem Granola, danach einen Croque Madame mit einem pochierten Ei oder alternativ einen Croque Monsieur ohne Ei, als Nachspeise gibt es immer ein kleines, selbstgemachte Eis – in unserem Fall Tonka-Bohnen- und Lakritz-Eis – auf einem mit Karamell bestrichenen French Toast. Am zweiten Tag gab es ein mit Kräutern gefülltes Käsesoufflé und kross gebratenem Schinken. An manchen Abenden findet auch ein Dinner in kleiner Runde in Arnolds Küche statt. Das Granola wurde in unserem Beisein zubereitet, und zu unserem Glück konnte man das auch im ah! kaufen. Was wir natürlich getan haben, denn so begleitet uns eines der besten Müslis auf unserer weiteren Reise beim täglichen Frühstück.

Da wir nur einen ganzen Tag für Erkundungen hatten, entschieden wir uns für einen Trip ins Columbine Nature Reserve, das seinen Namen – richtig! – dem gesunkenen Schoner „Columbine“ verdankt. Das Naturreservat ist relativ klein, hat dafür aber einen Leuchtturm, der wiederum besonders ist. Der Cape Columbine Leuchtturm – ich sag nur Schoner! – wurde 1936 rund fünf Kilometer von Paternoster entfernt gebaut und war der letzte seiner Art, denn er ist der letzte bemannte Leuchtturm. Auch besonders: es dauerte 30 (!) Jahre, bis die Entscheidung zu Bau getroffen wurde. Für den Ingenieur, der den Leuchtturm entwarf, ein gewisser Harry Cooper, war dies sein letztes Projekt nach vielen anderen an der Westküste. Und eine Besonderheit gibt es noch. Columbine war der erste Leuchtturm, der alle drei Sicherheitsmerkmale für die Navigation, nämlich ein Leuchtfeuer, ein Nebelhorn und eine Funkstelle in einer technischen Einheit bündelte. Bis dahin gab es diese in den Leuchttürmen nur jeweils getrennt voneinander.

Cape Columbine Lighthouse steht auf einem massiven Granitfelsen, dem so genannten Castle Rock, der direkt ins Meer führt. Der Turm ist massiv quadratisch gemauert, 15 Meter hoch und verjüngt sich nach oben, war mal weiß getüncht und hat eine rote Haube. Sein Leuchtfeuer wird alle 15 Sekunden aktiviert und ist auf 32 Seemeilen sichtbar. Der Leuchtturm ist dank des National Heritage Resources Act 25 von 1999 denkmalgeschützt, da er älter als 60 Jahre ist. Übrigens: Seefahrer, die aus Südamerika und Europa an die Westküste Südafrikas kommen, sehen als ersten Leuchtturm diesen hier.

Soviel zu den Fakten. Nun wollten wir hoch auf das Teil, für mich immer eine spezielle Freude mit meiner Höhenangst. Wer was erleben will, muss da durch. Wie schon beim Slangkop Lighthouse in Kommetjie standen wir aber auch hier vor verschlossener Tür. Glücklicherweise kamen wir mit einem der Mitarbeiter vom Leuchtturm ins Gespräch, der uns zumindest auf das Gelände mitnahm. Denn neben dem Leuchtturm gibt es hier auch drei Ferienhäuser, die bewirtschaftet werden – unter anderem das Wohnhaus des ehemaligen Leuchtturmwärters – und die Gäste müssen ja auch irgendwie in ihre Unterkunft kommen. Der Mitarbeiter gab uns noch den Tipp, einfach mal bei seinem Chef in einem der Häuser zu klingeln und nachzufragen, ob wir nicht doch auf den Turm kämen. Gesagt, getan. Mutig also auf das Haus zu, mangels Klingel laut gerufen und schon kam – der Hofhund. Mit lautem Gebell und fletschenden Zähnen wollte er zeigen, wer hier die Hosen an hat. Das hat ihm sein Herrchen dann auch klargemacht und ihn zurückgepfiffen. Da standen wir nun vor dem Chef des Hauses und kamen schnell zum Ziel. Denn der äußerst zugewandte Chef, nennen wir ihn hier einmal Mike, schloss uns „seinen“ Leuchtturm auf, obwohl Turmbesteigungen aktuell immer noch nicht erlaubt sind. Nachwirkungen von Corona. Nicht nur, dass Mike uns den Turm aufschloss, er schloss auch, nachdem wir mutterseelenallein drin waren, hinter uns wieder zu. Allein in einem Leuchtturm, dass hatten wir auch noch nicht erlebt.

Die erste Ebene erreicht man über eine normale Steintreppe, an deren Wände Fotos der Leuchttürme der Westküste hängen. Einige davon kennen wir bereits, z.B. Slangkop Lighthouse in Kommetjie, Cape Recife Lighthouse bei Port Elizabeth, Cape Agulhas Lighthouse oder St. Blaize Lighthouse in Mosselbay. Zur zweiten Ebene muss man über eine steile Holzleiter und eine Luke steigen, durch die man als normal gebauter Mitteleuropäer und kleinem Rucksack auf dem Rücken passgenau hindurchschlüpfen kann. Auf der Plattform kann man etwas entspannen und sich ein bisschen Technik anschauen. Große Maschinen sind ja aber auch so gar nichts für mich, kommt der Höhenangst schon ziemlich nahe. Deswegen schnell weiter die nächste ebenso steile Holzleiter nach oben durch die nächste Luke durch. Und angekommen! Wir landeten in der metallenen Haube oben auf dem Turm, über uns die Fresnel-Linse und die rundum verglaste Haube. Eine halbe Treppe höher kann man in der Haube eng an der Linse vorbei rundherum im Innern entlanglaufen. Von hier aus hat man einen beeindruckenden Rundblick über die gesamte Bucht.

Nach gefühlt tausend Fotos stiegen wir die Leitern und Treppen herunter zum Fuße des Leuchtturms und schauten uns noch auf dem Gelände ein bisschen um. Wir verabschiedeten uns von Mike und seinen Kollegen, bevor wir uns zurück ins Nature Reserve begaben. Denn hier warteten noch zwei Geocaches auf uns.

Das Columbine Nature Reserve liegt quasi um den Leuchtturm herum und bietet eine atemberaubende Küstenlandschaft. Niedriger Pflanzenbewuchs löst sich ab mit einer felsigen Landschaft, die tief in den Atlantik reicht. Zahlreiche Wasservögel tummeln sich auf den Felsen und Möwen ziehen kreischend ihre Bahnen, die nur noch von denen der Raubvögel getoppt werden. An einigen Stellen ist sogar Camping erlaubt – natürlich auf eigene Gefahr – so auch an der traumhaften Bucht namens Tietiesbaai. Der Eintritt in den Naturpark kostet aktuell 29 Rand pro Person (1,55 €).

Zu guter Letzt noch ein Wort zu unseren beiden Geocaches. Vorausgeschickt: wir haben beide gefunden, wie immer an besonderen Orten, so auch hier. Einer der beiden war aber besonders. Denn kurz vor dem Heben des Caches inmitten einer felsigen Landschaft waren wir plötzlich nicht mehr allein. Eine große, braune, sehr schön glänzende Schlange hat sich zwischen uns und den Cache gelegt. Im ersten Moment geht einem die Muffe, und dann blieb nicht mal mehr Zeit für ein Foto von dem Tier, denn es hatte sich vermutlich mehr erschrocken als wir und war im Handumdrehen unter dem Felsen verschwunden. Wer jetzt glaubt, dass wir mutig in die Felsen gegriffen hätten, um den Cache zu erreichen, irrt. Nicht ganz so elegant wie das Reptil haben wir uns vom Ort des Geschehens zurückgezogen, dankbar, dass uns allen dreien nicht passiert ist.

Ein Nachklapp zum Kakapo-Beitrag: Es gibt jetzt auch Bilder vom Wrack, Dank eines aufopfernden Marsches von lieben Freunden an der stürmischen Noordhoek-Bucht. Seht selbst!


Ein Gedanke zu “Paternoster – Vater unser

  1. Das haben wir so gerne gemacht, wir haben allen Widrigkeiten getrotzt und uns bis zum Wrack vorgekämpft für die schönen Fotos für euren Blog 😉.
    Da hattet ihr wieder ein grandiosen Tag in Paternoster. Toll!

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