Klein Roosboom

Wer denkt bei einem guten Glas Wein nicht auch an diese tollen Weinkeller mit ihren kleinen und großen Holzfässern, alt und neu nebeneinander, schön in Reihe und auch schon mal gestapelt. Auch wenn man weniger nostalgisch über die Weinherstellung schaut und sich die kühlen Stahltanks vor Augen führt, weiß man doch, dass da ein Wein heranwächst, bestimmt ein Weißer, vielleicht ein knackiger Sauvignon Blanc. Einige kennen Fässer aus Beton, die aussehen wie große Eier. Nicht schön, aber wohl effektiv. Denn anders als bei Stahltanks kann der Wein ähnlich wie im Holzfass mit der Außenluft reagieren und so den notwendigen Oxidationsprozess für die Weinreifung befördern. Das sind die gängigsten Methoden des Weinausbau, wie man sie typischerweise so kennt.

Aber früher war alles anders. Jedenfalls auf dem Weingut Klein Roosboom im Durbanville Valley, gut zu beobachten bei einem Wein-Tasting. Der Tasting-Bereich befindet sich linker Hand auf dem Weingut in einem ehemaligen Wein-„Keller“, durch den ein breiter Gang führt. In den Wänden links und rechts sind Löcher gehauen, in die man in das Innere von kleinen Zimmern blicken kann. Draußen befinden sich für jedes Zimmer Beschreibungen, darunter Uhrzeiten, zu denen die Zimmerchen gebucht oder frei waren. Eine Buchung vorab kann an geschäftigen Tagen sinnvoll sein, um auch sicher einen Platz in diesen kleinen Verkostungsräumen zu bekommen. Man nennt sie übrigens hier „cave“, also auf gut deutsch: Höhle.

Von diesen Höhlen gibt es einige, in denen man die Weine von Klein Roosboom probieren kann. Jede ist individuell nach ihrem Namen wie „Versailles“, „The Kitchen“ oder „Rouge“ eingerichtet und kann zu zweit oder mit mehreren Personen bespielt werden. Die Höhle „Rouge“ ist zum Beispiel in „rot“ gehalten. Ein kleines Sofa von anno dunnemals, zwei Hocker, ein paar Kissen und einiges an Deko. Eigentlich ganz gemütlich. Und vor allem: rot gefärbte Wände. Bei genauerem Hinsehen funkeln die Wände dieses quadratischen Raumes sogar bis unter die Decke. Tatsächlich ist der Raum so groß, das man mit zwei Schritten von einer Seite auf die andere gelangt. Und nach oben hin das Doppelte – ohne Schritte natürlich. Die Decke hat ein kleines Loch an einer der Raumecken. Zur Belüftung? Oder um das Kabel für die Deckenlampe durchzuführen?

Die Aufklärung der Hintergründe kommt dann schnell, wenn die Sommeliers mit der ersten Weinauswahl und der Geschichte kommt. Die Höhlen sind nämlich alte Beton-Wein“-Fässer“, die Anfang der 1950er Jahre hier auf dem Weingut gebaut wurden und viele Jahre in Betrieb waren. Im Beton-Fass „Rouge“ wurde also offensichtlich Rotwein vergoren, denn die Farbe an den Wänden ist maximal natürlich und besteht aus Weinablagerungen, die zum Teil auskristallisiert sind. Nach langer Betriebszeit wurde die Produktion in Beton eingestellt, die Fässer warteten auf ihren Abriss oder eine neue Verwendung. Letztere fand man in den 2000ern, in dem die Chefin des Hauses auf die glorreiche Idee kam, das Loch für die Zapfstelle und die Fass-Revision so ungefähr auf Menschenhöhe und -breite zu vergrößern. Die bis dahin nicht mehr genutzte Fläche wurde so zur Eventlocation. Eine tolle Idee, wie man Altes zu Neuem erwecken und den früheren Zweck mit dem eigentlichen und immer noch aktuellen Zweck verbinden kann.

Die Weine aus dem Tasting – 5 an der Zahl – schmecken durchweg gut. Die Sommeliers erläutern die Weine und stehen für Fragen zur Verfügung. Nach dem Tasting lädt das Restaurant Jéan zu einem Lunch oder Dinner ein – sehr empfehlenswert. Und nicht vergessen, etwas Platz für den Nachtisch zu lassen. Oder für ein Stück Kuchen vom riesigen Büffet, auf dem für jeden Geschmack etwas zu finden ist.

Location:
Tygerberg Valley Rd, Durbanville, Cape Town, 7551

Homepage:
www.kleinroosboom.co.za 

Lieblingsweine:
Jéan Sauvignon Blanc 2021
Dear Diary Chardonnay 2021
Marianna Roos rosé 2021